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Esau und Jakob - Eine prophetische Interpretation


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Esau und Jakob
Eine prophetische Interpretation

Esau und Jakob

Die Geschichte der Zwillinge, nachzulesen in Genesis 25 und 27, beginnt schon lange vor ihrer Geburt. Rebekka blieb nach der Heirat mit Isaak 19 Jahre kinderlos, daraufhin betete ihr Mann zum HERRN um Schwangerschaft und Gott erhörte das Gebet und Rebekka wurde im 20. Ehejahr schwanger. Doch schon während der Schwangerschaft, unsichtbar vor der Welt, entsteht zwischen den Zwillingen bereits ein Riss, hebr.: רצץ - Die Mutter spürt das heftige Stoßen in ihrem Bauch, weiß dies aber nicht einzuordnen und so befragt sie den HERRN. Gott teilt ihr mit: „Zwei Nationen sind in deinem Leib und zwei Völkerschaften werden sich scheiden aus deinem Innern. Und eine Völkerschaft wird stärker sein als die andere und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.“  Ob Rebekka sofort verstanden hat, dass der Herr ihr mitteilen wollte, dass sie Zwillinge in sich trägt? Offensichtlich nicht, denn als es zur Geburt kommt, stellt Deborah, ihre Hebamme, überrascht fest, dass Rebekka Zwillinge zu Welt bringen wird.

Unmittelbar nach der Geburt der Zwillinge lässt sich unschwer erkennen, dass die Brüder unterschiedlicher gar nicht sein können. Der Erstgeborene ist rau und rötlich und erhält deshalb den Namen Esau. Der Zweitgeborene wird als zart und sanft beschrieben und man gibt ihm den Namen Jakob, das bedeutet Fersenhalter, denn er hielt während der Geburt Esaus dessen Verse fest umklammert. Lässt sich das als Jakobs zarte und sanfte Handlung interpretieren?

Eine spätere und kratzbürstigere Interpretation des Namens Jakob nimmt Esau vor und nennt ihn Verdränger, gewisse Übersetzer übersetzen Überlister(?). Wer wen und wann wirklich verdrängt oder sogar überlistet hat? Darauf gibt es eine klare Antwort, doch dazu später. Eine Namensänderung oder besser gesagt eine Namenserweiterung erfährt auch Esau. Mehre Male wird geradezu betont: Esau: Das ist Edom. Im Hebräischen wird der Name Edom - אדם - auf die gleichen Konsonanten zurückgeführt wie der Name Adam - אדם. Dieses Wissen ist von heilsgeschichtlicher Bedeutung.

Wie kam nun Esau zu seinem Beinamen? Es geschah an jenem Tag, als er ohne Beute atemlos und ausgemergelt von der Jagd zurückkehrte und sich erschöpft im Zelt Jakobs niederließ und japsend von dem Roten begehrte, das Jakob gekocht hatte. Er bittet Jakob: „Lass mich doch essen von dem Roten, dem Roten da, denn ich bin matt!“ Darum gab man ihm den Namen Edom.


„Lehrt euch nicht die Natur?“

Das fragte einst der Apostel Paulus die Korinther. Uns, (die Autoren), lehrte die Natur, sie zeigte uns, was es mit dem Roten auf sich hat. Wir setzten das Rote mit dem Mattsein in Beziehung und erkannten, welche Bedeutung auf bildlicher Ebene die rote Speise für Esau hatte. Das hebräische Wort עָיֵף (ayif) bedeutet wörtlich: schwach sein. Warum war Esau schwach? Er hatte sich bei der Jagd verausgabt und nun schnappte er nach Luft. Er bekam zu wenig Sauerstoff, und so meinte er, er würde sterben. Während er bei seinem Bruder saß, sah er die rote Speise und begehrte sie. Er erhoffte sich von ihr Belebung zu erfahren. Warum gerade diese Speise? Die Antwort ist diese: Das Rote enthält Nährstoffe, die dem atemlosen Esau helfen sollte, einem besonderen Mangel abzuhelfen. Und woran mangelte es Esau? Vordergründig mangelte es ihm an ausreichend Sauerstoff, aus heutiger medizinischer Sicht würde die Diagnose lauten: Anämie. Dem Esau mangelte es aber nicht an roten Blutkörperchen, die den notwendigen Sauerstoff in die Zellen bringen, es mangelte ihm an Eisen. Auf der metaphorischen Ebene repräsentieren die roten Linsen die roten Blutkörperchen und die sind für das irdische Leben absolut notwendig. Das brachte uns zu der Schlussfolgerung: Esau hängt am irdischen Leben, das himmlische verachtet er.

Das Rote, wie wir es gerade beschrieben haben, steht für den Menschen. Gott hatte Adam (אדם) aus dem Erdboden (אדמה Adamah' rötlich) geformt. Durch den Sauerstoff, in Verbindung mit Eisen, färbt sich das Blut rot und der Mensch beginnt zu leben. Etwas anders erzählt, klingt es dann so: Und Jahwe Gott bildete den Menschen, Staub von dem Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens, und der אדם (Adam) wurde eine lebendige Seele.

Der heimkehrenden Seele – Esau - mangelte es ausreichendem Sauerstoff auf Grund von Eisenmangel und so begehrte er verständlicher Weise das Rote - אדם (Adom). Und seit dieser Zeit lesen wir da und dort: Edom – אדם: Das ist Esau.


Geistliche Bedeutung des Roten und der Erstgeburt

Jakob schenkte seinem Bruder aus eigennützigen Gründen das Rote nicht, sondern bot es Esau zum Tausch an. Dieser willigte ein und verpflichtete sich, das Erstgeburtsrecht dem Jakob zu übereignen. Rasch wurde das Rechtsgeschäft vereinbart, welches Esau sogar mit einem Eid bekräftigte. Was er allerdings nicht bedacht hatte, der Vertrag enthält durch den von ihm geleisteten Eid eine Ewigkeitsklausel, das will heißen: Der unter Eid geschlossene Kaufvertrag ist unwiderruflich, er bleibt auf Grund des Eides auf ewig gültig.

Diesen Sachverhalt beschreibt Paulus in Hebr. 12,17. Erst durch die Bedeutungsvarianten der Worte Topos (τοπος) und Metanoia (μετάνοια) wird deutlich, dass der Raum (Topos) von Jakob besetzt ist, und es keine Möglichkeit gibt, den Besitz (das ist die Dimension des Erbes) durch eine Meinungsänderung (Metanoia) bzw. Umkehrung der Entscheidung (Metanoia), zurückzugeben, auch und vor allem wegen des Gewichts des Eides. Tränen erzeugen Mitgefühl beim Vater, ändern aber nicht das RECHT, denn auch der Vater fühlt sich ans Recht gebunden.

Jakob lieferte prompt. Er reichte seinem Zwillingsbruder Brot und Linsen und erfüllte damit seinen Teil des Vertrages. Und wie stand es mit Esau? Von dem Roten belebt, verließ er das Zelt Jakobs und ging seiner Wege. Viele Jahre verschwieg er auch gegenüber seinem Vater den mit Jakob geschlossen Vertrag. Wie wir noch sehen werden, versuchte Esau seinen redlichen Bruder in Misskredit zu bringen, indem er ihn als Betrüger beschuldigte. Aber nicht Jakob, sondern Esau ist es, der mittels betrügerischer Anschuldigen versuchte, sich das Erstgeburtsrecht zurückzuholen.


Die Betrugsaffäre – Erster Teil

Und das geschah, viele Jahre nach dem Vertragsabschluss, da kam der Tag, an dem die Angelegenheit auf den Tisch kam. Isaak war alt und schwach geworden, glaubte, er sei dem Tode nahe und so ließ er Esau rufen. Der sollte nun auf die Jagd gehen und von dem Erlegten ein schmackhaftes Fleischgericht zubereiten, damit er – Isaak - mit seinem Erstgeborenen esse und beim Mahl Esau segne mit dem Segen des Erstgeborenen.

Spätestens hier hätte Esau dem Vater eröffnen müssen, dass er das Erstgeburtsrecht mit einem Eid an Jakob verkauft hatte, tut er aber nicht. Schweigend verlässt er das Zelt und geht auf die Jagd, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass niemand das Gespräch gehört hatte, vor allem Jakob nicht.

Rebekka ist eine vorbildliche Frau. Sie hat den Haushalt nicht nur im Griff, alle Vorkommnisse in ihrem Haus sind ihr bekannt, auch von den Anweisungen ihres Mannes an Esau hatte sie gehört. Nun machte sie sich ihrerseits ans Werk, um das Unrecht zu verhindern. Sie rief ihren jüngeren Sohn und erteilte ihm den folgenden Auftrag: Bringe mir zwei Ziegenböcklein von der Herde, damit ich deinem Vater ein schmackhaftes Mahl zubereiten kann. Jakob wendete ein: „Siehe, mein Bruder Esau ist ein haariger (rauer) Mann und ich bin ein glatter Mann.“ Natürlich hatte auch Jakob nicht vergessen, dass ihm das Erstgeburtsrecht zusteht, denn er hatte es vor Jahren rechtmäßig erworben ...

(Nur so nebenbei: Man wundert sich doch sehr, dass Jakob und Rebekka, ob einzeln oder gemeinsam, nicht zu Isaak gehen und ihm vom Vertrag erzählen?)

… nun denn, Jakob spricht nicht von seinen Rechten, sondern diskutiert mit seiner Mutter über Äußerlichkeiten: Ich bin ein Zarter, Esau ein Harter. Aus den weiteren Worten hören wir es deutlich, er will nie und nimmer mit seinem Vater Spott treiben oder andere böse Dinge. Das ist doch eine feine Gesinnung, nicht wahr? Die Mutter hört ihm aufmerksam zu und erfindet eine Lösung, eine geniale noch dazu.


Rebekkas Geniestreich

Beruhigend wirkt Rebekka auf die Seelennot Jakobs ein: „Sollte der Vater dir fluchen, dann komme dieser Fluch auf mich.“ Rebekka konnte das mit ruhigem Gemüt sagen, denn sie wußte von Isaak: Er hat mich lieb. Gen.24,67. D.h.auch, niemals hat ein Mensch sein eigenes Fleisch gehasst, wird ihm daher auch nicht fluchen. Rebekka war doch sein Fleisch oder nicht? Wie sollte er ihr dann fluchen? Dazu Gen. 2,23. Adam ruft aus: „Dies, (er spricht von Eva) ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch.
Und jetzt noch ergänzend aus Spr.26,2: „Wie der Sperling hin und her flattert, wie die Schwalbe wegfliegt, so ein unverdienter Fluch: Er trifft nicht ein.“ Außerdem: Rebekka hatte eine Schönheit und Ausstrahlung, der niemand widerstehen konnte, das leitet sich aus ihrem Namen und der Wortwurzel her: Fesseln durch Schönheit. Und die Wortwurzel erklärt, dass ihr fesselndes Wesen bindet und damit verstopft. Kurzum: Man konnte Rebekka einfach nicht widerstehen.

Die äußere Beschaffenheit Esaus darf und muss im übertragenem Sinn verstanden werden, sonst versteht man die prophetische Dimension der Geschichte der Zwillinge nicht und schon gar nicht das Handeln Rebekkas. Denn für zukünftigen Zeiten wurde uns die Geschichte überliefert. Das haarige „Kleid“ beschreibt den Zustand eines sündigen Menschen. Adam legte Feigenblätter um seine Lenden, Esau trug ein haariges „Unterkleid“. Als Sünder geboren, sind wir alle, der eine mehr, der andere weniger, ein Esau: hart, rau und mit Gewalt erfüllt. Man kann es sehen, man kann es hören, das Gift der Sünde wirkt in allen Generationen.

Wenn Jakob mit der Mutter redet, strotzt er vor Eitelkeit und Stolz, wenn er sagt: Esau ist rau, ich aber zart. Die Mutter klärt ihren Liebling auf, behutsam belehrt sie ihn und das wiederum auf brillante Weise. Rebekka lässt ihn sehen und fühlen, dass er vom Charakter her ebenfalls ein Esau ist, auch wenn man es ihm äußerlich nicht ansieht, daher stellt ihm seine Mutter auf eine anschauliche Weise sein wahres Wesen vor Augen, indem sie Jakob auffordert, er möge doch die wertvollen Kleider Esaus anziehen und „die rauen Kleider“ (Ziegenfelle) über seine Hände und über seinen Hals legen. Jakob zieht die Kleider Esaus an, nimmt die Felle der Ziegenböcklein und streift sie über“. Wortlos hält ihm Rebekka den Spiegel vor. Spätestens jetzt dürfte Jakob erkannt haben, auch ich bin ein Sünder, auch ich bin erlösungsbedürftig.

Indem Jakob ohne Zwang in die Rolle des Esau schlüpft, erkennt er sich als der, der er wirklich ist. Seine Hände, hier als Metapher für die Taten, sind die gleichen, wie die seines Bruders. Gleiches gilt für den Hals, der metaphorisch für Anmut, Grazie, Liebreiz und Schönheit steht. Die Felle der Ziegenböcklein zeigen ihm an, da ist nichts anmutiges, schönes oder liebliches an mir. Später, im Zelt seines Vaters, erfährt Jakob trotz dieses Zustandes seine volle Annahme. Zwar fühlt der Vater das Raue eines Esau, kann aber die Veränderung an der lieblichen Stimme eines Jakobs erkennen.

Alljährlich wiederholte sich diese Szene am Jom Kippur. Auch der Hohepriester musste vor Gott mit zwei Ziegenböcklein treten und mit einem umfassenden Geständnis die genannten Sünden auf die beiden Ziegenböcke legen, um volle Sühnung und Erlösung zu erreichen. Wenn die Mutter sich von Jakob zwei Ziegenböcklein bringen lässt, dann ist dies das Schattenbild vom großen Versöhnungstag.  

Sehen wir uns die Szene im Zelt des Vaters an. Jakob tritt ein mit der Esau-Kleidung und dem Essen, den beiden von der Mutter zubereiteten Ziegenböcklein. Mit bangem Herzen steht Jakob vor seinem Vater. Der nun führt eine äußerliche Untersuchung durch. Er betastet den Sohn und stellt fest: Rau und haarig vom Hals bis zu den Fingerspitzen, das muss (ein) Esau sein. Die Stimme jedoch ist die Stimme eines Jakobs, das ist ein wichtiges Indiz für Isaak, dass sich an (diesem) Esau etwas zum Wohlgefallen des Vaters verändert hatte. Es ist nicht die Stimmlage, die ihn so sehr von Esau unterscheidet, es ist die Art und Weise der gewählten Worte, die den Vater überzeugen.

Die Szene gleicht der Aufforderung aus Hebräer 4. Paulus ermuntert: „Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf das wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ und Jakob benötige eine gehörige Portion Hilfe von seiner Mutter und von seinem Vater. Vor dem Thron der Gnade, (dem Thron der Freundlichkeit), fühlen wir uns noch unwürdig und als Sünder, aber unsere Sprache offenbart unser verändertes Herz und unser neues Denken. Wir sind zarter und lieblicher geworden und wir wissen um die Bedeutung des Gnadenthrons.

Jakob ißt mit Isaak, das eine Böcklein für den Vater, das andere Böcklein für den Sohn. Nun segnet der Vater den Sohn mit allem, was er hat. Dieser Sohn ist gesegnet mit jeglicher (geistlichen) Segnung.

Nach dem Essen und mit dem Segen in der Tasche verlässt Jakob das Zelt, alsbald kehrt der Bruder von der Jagd zurück. Auch Esau bereitet eine Speise. Ob mit ruhigem Gewissen? Mit dem Erjagten tritt auch er ein ins Zelt und vor seinen Vater. Als Isaak die Stimme Esaus hört und erkennt, wer da vor ihm steht, erschrickt er zu tiefst.

Nun will er von Esau zuerst wissen, wer der Mann war, der zuvor bei ihm Zelte gewesen. Man wundert sich, dass Isaak den Esau darüber befragt, war doch Esau aushäusig. Woher sollte Esau also wissen, wer der andere war, müsste man meinen. Die Frage stellte der Vater nicht von ungefähr. Isaak konnte zwar schlecht sehen, aber sein Verstand war klar und helle. Als ihm Esau antwortet, dass es Jakob gewesen war, musste sich der Vater fragen: Woher weiß das Esau so genau, war er doch zur Jagd? Ein Vater kennt seine Pappenheimer und so dämmert es Isaak, hier stimmt was nicht. Ob Betrug vorliegt? Wenn ja, wer hatte wen betrogen? Schau'n wir mal, wird sich auch Isaak gesagt haben.

Schweigend hört der Vater zu. Im Verlauf seines Vortrags beschuldigt Esau seinen Bruder des Betrugs. Ob dem tatsächlich so ist, wird sich in Kürze herausstellen.

Zwischendurch klären wir aber noch, warum der Vater so erschrak? Bis zum Eintreffen Esaus wusste Isaak nicht, dass Esau das Erstgeburtsrecht an Jakob verkauft hatte. Weder Jakob, noch seine Frau Rebekka, geschweige den Esau selbst, hatten es ihm kundgetan. Isaak könnte daher im ersten Moment angenommen haben, dass der andere Mann ihn betrogen hatte. Ähnliche Schrecken kennen wir vielleicht auch aus dem eigenem Erleben. Wir tun etwas in Treu und Glauben, wie Isaak, und plötzlich stellen wir mit Entsetzen fest: Wir haben Unrecht getan.

Doch nach dem ersten Schrecken, wir sagten es bereits, dämmerte es dem Vater und im nachfolgenden Dialog zwischen Esau und Isaak kommt Licht in die Sache. Esau bekannte zwar, dass er das Erstgeburtsrecht verkauft hatte, versuchte aber während seiner Einlassung den Bruder als Betrüger darzustellen. Wie erleichtert muss der Vater gewesen sein, dass der Anflug eines leisen Verdachtes rasch verflog. Isaak wurde klar, er hatte den Rechtmäßigen gesegnet. Und Rechtssicherheit verleiht Flügel, und so vernimmt Esau laut und klar die Worte seines Vaters: „Er ist und bleibt gesegnet.“ Die Verhandlung legte offen, wer der eigentliche Betrüger war. Und so ist es bis heute: Alle Esaus dieser Welt lügen, wenn sie behaupten, Jakob ist ein Betrüger.

Der eine oder andere mag hier einwenden, Jakob habe doch seinen Vater angelogen als er sagte, er sei Esau, der Erstgeborene; damit handelte er doch betrügerisch oder nicht? Der Einwand ist bei oberflächlicher Betrachtung berechtigt. Bevor wir uns aber als Richter über Jakob erheben, sollten wir ernstlich zwei Dinge in Betracht ziehen. Erstens: den Kontext und zweitens: Wie Isaak als Richter über die Sache urteilte, denn mit fester Stimme verkündigte der Vater: „Er ist und bleibt gesegnet“. Damit hatte Isaak den Sohn für gerecht erklärt und auch das Recht selbst war ganz auf Jakobs Seite.

Dennoch fragt man sich, wenn die Rechtslage so eindeutig war, warum hat Jakob sich dann von seiner Mutter über diesen Schlingerkurs leiten lassen, anstatt direkt mit dem Vater über die Rechtsverhältnisse zu reden? Das wird vielleicht für immer Jakobs Geheimnis bleiben, das er mit ins Grab nahm. Wie gesagt, Isaak spricht Jakob gerecht, indirekt, gleichzeitig wurde Esau zumindest des versuchten Betrugs überführt, ohne dass dies ausdrücklich gesagt wird. (Später dazu mehr, denn es gibt in dieser Betrugsaffäre noch Weiteres aufzudecken und das müssen wir noch unbedingt erzählen.)

Und jetzt noch ein zweites Wort zum Schrecken Isaaks. Es lässt sich auch dahin deuten, dass Isaak, als er die Stimme Esaus hörte, mit Schrecken erkannte, wie wenig sich sein Erstgeborener verändert hatte und auch nach diesem ganzen Spektakel seinem Vater und seiner Mutter noch größeren Kummer bereitete als zuvor, denn Esau plante, seinen Bruder zu ermorden. (Dazu kommen wir gleich.)

Nun denn, Esau wünscht sich ohne wirkliches Einsehen in seine törichten Handlungen trotzig einen Segen. In Tränen aufgelöst steht er vor dem Vater, der nun, weil er ihn lieb hat, mit den Worten segnet: „Siehe da, du wirst eine fette Wohnung haben auf Erden und vom Tau des Himmels von oben her.“ (Luther 1545). Von den Segen der Zwillinge schreibt der Apostel Paulus: Durch Glauben segnete Isaak, in Bezug auf zukünftige Dinge, den Jakob und den Esau. Hebräer 11,23


Isaaks und Rebekkas Kümmernisse  

Man wundert sich beim Lesen der Schrift des Öfteren und fragt sich: Warum der eine oder andere Abschnitt so geschrieben wurden, wie er geschrieben wurde. Schon lange tauchte die Frage auf ... aber lest selbst: „Vom Schwerte wirst du leben, und deinen Bruder wirst du dienen; und es wird geschehen, wenn du umherschweifst, wirst du sein Joch zerbrechen von deinem Hals. Und Esau feindete Jakob an wegen des Segens, womit sein Vater ihn gesegnet hatte; und Esau sprach in seinem Herzen: Es nahen die Tage der Trauer um meinen Vater, dann werde ich meinen Bruder Jakob erschlagen.“

„Und es wurde der Rebekka die Worte Esaus, ihres älteren Sohnes, berichtet; und sie sandte hin und ließ Jakob, ihren jüngeren Sohn, rufen und sprach zu ihm: Siehe, dein Bruder Esau will sich an dir rächen, indem er dich erschlägt. Und nun, mein Sohn, höre auf meine Stimme und mach dich auf, fliehe zu meinem Bruder Laban nach Haran; und bleibe einige Zeit bei ihm, bis der Grimm deines Bruders sich wendet, bis der Zorn deines Bruders sich von dir abwendet und er vergißt, was du ihm getan hast; dann will ich hinsenden und dich von dort holen lassen. Warum sollte ich euer beider zugleich beraubt werden an einem Tag?“

Und jetzt zur immer wieder auftauchenden Frage in diesem Text: Warum wird erzählt: „Esau sprach in seinem Herzen … und: es wurde der Rebekka die Worte Esaus berichtet.“ Das ist doch mehr als mysteriös oder nicht. Esau spricht in seinem Herzen und Rebekka werden die Worte überbracht? Niemand kann die Worte eines anderen Herzens hören, schon gar nicht das Schmieden böser Anschläge vernehmen? Einem Menschen ist dies schier unmöglich. Allein der Herr kann das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren und genau das ist es, was der Leser erfahren soll. Gott ist der Autor und er schildert die Handlungen und Absichten der Zwillinge auf seine Weise.

Lassen wir uns also nicht durch den Erzählstil beirren. Gott nahm und nimmt es auch heute sehr genau. Sünde bleibt Sünde. Jakob aber einen Überlister oder Betrüger zu nennen, lässt sich beim besten Willen aus dem Text nicht herauslesen. Eher ist es so, dass man sich immer wieder verwundert fragt, warum Jakob sein Recht nicht direkt beim Vater einfordert. Fast sklavisch befolgt er die Anweisungen seiner Mutter und beim Vater gibt er sich kleinlaut und wortkarg. Den Grund für sein zurückhaltendes Verhalten formuliert er so: „Dein Gott hat es mir begegnen lassen.“ Das trifft die Sache auf den Punkt. Und seht, der Satz „Gott hat es mir begegnen lassen“, lässt sich auf alle Stationen seines Lebens beziehen. Der Satz bildet geradezu die Überschrift über seine Lebensgeschichte.  „Gott hat es mir begegnen lassen.“

Nicht Jakob kam auf die Idee, zwei Ziegenböcklein zu schlachten und für das Segensmahl zuzubereiten, und nicht er hat sich die Esau-Verkleidung ausgedacht, und niemals wäre ihm im Traum eingefallen, sich zur Tarnung Ziegenfelle überzuziehen; Gott hat es ihm begegnen lassen.

Wenn man die prophetische Dimension nicht erkennt, könnte man geneigt sein, Jakob als passives Objekt mütterlichen Ehrgeizes anzusehen, die ihren jüngeren Sohn vorzieht und somit  begünstigt. Ihr handeln ist jedoch nicht grundlos, erinnerte sie sich doch immer wieder an die Prophetie, die Gott ihr während der Schwangerschaft persönlich verkündigt hatte: „Eine Völkerschaft wird stärker sein als die andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen,“ mindestens bis ins 1000-jährige Reich.


Auch in Bezug auf die Mordabsichten Esaus ist Rebekka bestens informiert. Als treibende Kraft lässt sie Jakob rufen und informiert ihn. Zuerst teilt sie ihm die finsteren Pläne Esaus mit, anschließend erteilt sie ihm den lebensrettenden Rat: Fliehe nach Haran und bleibe dort, bis ich dich rufen lasse. Und wieder „begegnet es dem Jakob“, der den weisen Rat seiner Mutter annimmt und in die Berge Arams flieht, nach Haran, (richtigerweise: Charan).


Und wieder entdecken wir Prophetie vom Feinsten. Jakob soll nach Haran fliehen, eigentlich heißt der Ort Charan. Der Ort bedeutet wörtlich übersetzt: ausgetrocknet, ausgedörrt oder kurz: wüst. In der neutestamentlichen Entsprechung liest sich das so: Und das Weib floh in die Wüste, wo sie 1260 Tage ernährt wird. (Off.12,6). Bevor der Bruder sein böses Werk ausführen kann, rät die Mutter zur Flucht; Offenbarung 12.  


Halten wir im Gedächtnis, auch heute trachten die Esaus dieser Welt nach dem Leben der Gerechten. Deren Planungen sind nicht nur weit fortgeschritten, sie setzten ihre Vorhaben bereits um. Besonders verfolgen sie jene, die wirklich Christen sind, zuerst die messianischen Juden und dann auch die Griechen. Schritt für Schritt treiben sie ihr Werk aus dem Hinterhalt.     


Ende des ersten Teils




Berlin, den 31. 12. 2025




© Copyright H. Randy Rohrer





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