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Philemon - der Geliebte

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Der Brief des Paulus an Philemon
Ein Drehbuch für das Ende der Tage

Ein Kommentar mit einer außergewöhnlichen Interpretation



Lieber Bruder X,

diese Zeilen schreibe ich dir, auf dass du erfassen mögest die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe des Briefes Philemon, der vor allem die Rückkehr der Juden zu ihrem Gott und ihrem Messias erzählt. Dazu einige Stichwörter: Geliebter, mein Herz, Bruder, der Alte, Appia, Archippus; “die Versammlung, die in deinem Hause ist”, Gefangener und mehr.

Der Klartext erzählt uns die Geschichte eines Sklaven, der vor seinem Herrn ausgerissen ist, geflüchtet in die große weite Welt. Er wollte frei sein und niemandes Diener. Nun wissen wir nicht, aus welchem Gründen der Knecht das Haus seines Herrn verlassen hatte, aber er muss es dort als unerträglich empfunden haben. Ob er als Sklave von außen her erkennbar war, wissen wir nicht, es wird vermutet.

Und so machte Onesimus sich eines Tages unbemerkt aus dem Staube und begab sich auf eine lange Wanderschaft. Er schaffte es, sich bis in die Hauptstadt des römischen Reiches durchzuschlagen. Wie und warum er später dann im Gefängnis anzutreffen war, bleibt im Dunkeln. Es darf angezweifelt werden, dass Onesimus überhaupt im Gefängnis war; doch beide Möglichkeiten sind denkbar. Aus dem Leben des Sklaven bleiben alle Dinger verschleiert und verborgen. Wir erfahren aus seinen Umständen nur, dass sich in der großen Stadt ein “Gefangener Jesu” namens Paulus befand, der auch den Sklaven die gute Nachricht verkündigte. Vermutlich hörte Onesimus von dem Alten eine Botschaft, die das Leben eines jeden Menschen vollständig umkrempeln kann.

Das Einzige das wir durch den Apostel erfahren, der Entlaufene ist dem Paulus nützlich. Ohne Lehrzeit wird der Diener zum Mitarbeiter an der guten Nachricht. Seine hervorragenden Schriftkenntnisse sind außerordentlich wertvoll oder wie Paulus es ausdrückt, nützlich.

Der Sklave, wir können ihn auch Knecht Gottes nennen, wird vieles über sich erzählt haben und genau das treibt Paulus um. Voll innerlicher Gefühle setzt er sich hin und schreibt einen Brief an Philemon. Die Zeilen werden zum lieblichsten Brief der Heiligen Schrift und dass diese Zeilen ganz besonders sind, erklärte uns in intimen Sitzungen der Verfasser persönlich.

Nun wissen wir, der Nützliche bringt in seinem Brief immer auch die eigenen Herzensgedanken zum Ausdruck und teilt sie seinem Freund mit. Da plaudert er mal über dies, mal über das und was so seine Pläne sind. Das ist doch so unter Freunden oder nicht? In vertrauter Runde erzählt er von seinen spannenden Unternehmungen. Lauschend vernehme ich, in diesem Brief schreibt er über dich, der du mir mehr bist als ein Freund, ein Geliebter bist du mir geworden. Wieder und wieder lese ich seine Zeilen, werd gar nicht satt von seinen Worten.

Erst kürzlich erinnerte er mich an einen anderen Geliebten, der zwar gerade nicht da ist, aber ...; und als er plötzlich, ganz unvermutet, zärtlich an die Tür klopfte und sie sich nicht traute, warum auch immer, und sich (daher) nicht schnell genug aufraffte, um die Tür zu öffnen, war er geräuschlos wieder fortgegangen. Als sie sich dann doch entschloss, die Tür zu öffnen, war er bereits weg. Hatte der Geliebte nicht lange genug gewartet? Oder hatte sie zu lange gezögert, bevor sie sich vom ihrem Bett erhob? Wie dem auch sei, jetzt sucht sie ihn, ihren Freund.  


Der Brief an Philemon ist vergleichbar mit einem außergewöhnlichen und selten gespieltem Rollenspiel. Jeder aus der Truppe kann die Rolle des Anderen einnehmen, behält dabei aber seine eigene Figur bei. Beispiel: Paulus kann als Paulus in die Rolle des Onesimus schlüpfen als auch in die Rolle des Philemon, das Gleiche gilt für Onesimus und Philemon. Und wenn wir dann auch noch die Rollen auf der allegorische Ebene betrachten, erleben wir ein geniales Schauspiel.



Die Rollen sind im Klartext deutlich verteilt:
  1. Paulus ist der Apostel.
  2. Onesimus ist der Sklave
  3. Philemon der Dienst-Herr des Onesimus.

Nun ein paar Beispiele,  wie die Rollen auf der allegorischen Ebene zugewiesen werden können.


Die erste Variante:
  1. Paulus repräsentiert einen Christen.
  2. Onesimus spielt die Rolle eines Menschen, der auf der Suche nach Freiheit ist.
  3. Philemon bildet die Gemeinschaft der Christen.


Die zweite Variante:
  1. die Rolle des Paulus übernimmt der Herr.
  2. Onesimus steht stellvertretend für einen Mensch, der Jesus gefunden hat.
  3. Philemon bildet die Gemeinschaft echter Christen.



Die dritte Variante:
  1. Paulus repräsentiert einen reifen Gläubigen,
  2. der Herr schlüpft in die Rolle des Onesimus
  3. Philemon bildet die Gemeinschaft (von Juden und Christen), der reife Gläubige ist vom tiefen Wunsch geleitet, die Gemeinschaft möge doch Onesimus, das ist der Herr, besser kennenlernen.


Das Drehbuch zur ersten Variante
Onesimus ist nicht frei, denn er ist Knecht im Haus eines Herrn. Ihm wird es zu eng, daher bewegt er sich weg vom Haus. Er möchte nicht mehr Knecht sein in einem System, dass ihm beständig vorschreibt, was er zu tun und zu lassen hat. Die Gesetze und deren Hüter sind ihm zu anstrengend, rauben ihm Zeit und Geld. Und so begibt er sich auf Wanderschaft und genießt seine neugewonnene Freiheit, er kostet sie voll aus. Das erinnert ein wenig an den verlorenen Sohn, dem es zu eng im Hause seines Vaters geworden war.

Nach langer Zeit, etwa 2000 Jahre später, landet er am Ende einer unruhigen Odyssee auf dieser Erde in der Welthauptstadt der modernen Zivilisation. Er siedelt sich in diesem großen und herrlichem Land an und wird beruflich sehr erfolgreich. Endlich wirklich frei und ohne Sorgen, so meint und fühlt er es. Doch in stillen Stunden und an besonderen Tagen treibt es ihn wieder um. Er spürt das Gefangensein in alten Traditionen. Unruhe packt ihn immer wieder, obschon frei und sorgenlos nach außen hin.

Es kam, wie es kommen musste. Er trifft auf einem der Seinen, Paulus genannt. Aber dass, was man ihm von diesem Kerl von Kindesbeinen an berichtet hat, klang nicht gut. Nein, niemals gut. Doch nun, von einem lieben Freund eingeladen, hört er von diesem Alten, hört, wonach er und seine Verwandten seit vielen Generationen suchten, sich sehnlichst wünschten und dafür beteten: Möge doch endlich der Messias kommen und uns Frieden bringen. Völlig erstaunt und fassungslos erfährt Onesimus, dass der Messias schon vor langer Zeit gekommen und wieder gegangen war. Und nun?

Was hat er doch alles durchgemacht. Erst wurden seine Vorfahren durch die ganze Welt gejagt, immer wieder drangsaliert, dann hofiert und doch wieder fortgeschickt. Und, wie erst vor Kurzem, ein großer Teil seiner Familie ... Oh, welch abscheuliche Tat. Und nun?

Welch furchtbaren Ängste mag wohl ein solcher Onesimus durchlebt haben? Tatsächlich, er leidet immer noch, denn die vernarbten Wunden reißen immer wieder auf, auch in der neuen Heimat. Man wollte eilen, trösten und verbinden, um zu heilen. Und dennoch, er genießt die äußere Ruhe, weil in der Freiheit angekommen. Er atmet durch und denkt über alles nach und beginnt langsam zu erahnen, was sich in den letzten Jahren so hat zugetragen und warum. Noch findet er keine Worte, noch kann er das Ganze nicht richtig einordnen, aber je mehr er diesen Paulus hört, desto klarer erkennt er den, der nun sein ganzes Herz ist und er selbst das Herz dieses Anderen. Die Liebe zu diesem Mann beginnt zu brennen, noch auf kleiner Flamme, doch Paulus legt nach, entfacht das, was man Liebe nennt und die Flamme beginnt aufzulodern und mit jedem Holzscheit wird es heller. Das Kreuz als Futter verwandelt die Glut zu einem immer größeren Feuer,  und spendet Wärme und bereitet Wohlbehagen. Nicht nur die eigene Dunkelheit auch die der anderen wird hell. Die Liebe des Messias wächst und wächst, wird groß und größer, verzehrt alles, was in seiner Nähe ist. Fürwahr, die Liebe ist gewaltsam wie der Tod. Diese Liebe ist nicht nur nützlich, sie wird zu einem unschätzbarem Schatz.

Jetzt brennt die Liebe des Alten an Tagen in Onesimus und so entschließt er sich, in seine alte Heimat zurückzukehren. Er kommt dem Philemon zur Hilfe, will nun mehr sein als ein Sklave, mehr als ein Diener. Er ist dem Philemon schon in der Ferne ein Bruder geworden. Und weil auch eine Beziehung noch Steigerungsfähig ist, wird es durch den Absender des Briefes angedeutet: dem Geliebten. Einst war er Sklave, wurde zum Bruder und nun sind sie einander Geliebte. Das ist mein Herz!

Onesimus hat während der Zeit der Diaspora viel gelitten. Seine ganze Gefühlswelt ist geprägt von den Widerwärtigkeiten, die ihm ein religiös-politisches System zugefügt hat, deshalb schreibt Paulus den Brief stellvertretend. Ängste wegen erneuter Verfolgung und wiederholender Hetzjagden sind beständig im Bewusstsein. Das Misstrauen geht immer mit. Ob er will oder nicht, Ressentiments wollen immer wieder hochkommen, auf allen Seiten. Diese sollen, ja müssen abgebaut und fallen gelassen werden. Eine Herberge, wie die des Philemon, hat die besten Voraussetzungen. Zwar steht sein Haus dort, wo alles so riesig und pompös gestaltet und ausstaffiert ist, in Kolossä, und dennoch ist die Herberge des Philemon, nach der sich Paulus sehnt und schon längst bereitet ist, das große Ziel. Paulus weiß es wohl, nur ,dass er den Geliebten daran erinnert.

Die 2-jährige Gefangenschaft des Apostels wird ohne Anhörung der Ankläger enden, denn sie haben nie wirklich ein Unrecht an diesem finden können. Es kommt der Tag, an dem die Fesseln des Paulus gelöst werden und der Herr dann seine Geliebten holt. Bei ihm ist glückseliges Wohlbehagen, denn er schenkt tiefen Frieden, bei grenzenloser Freiheit, gepaart mit unendlichem Glück, das allen Verstand übersteigt, kurzum: Ewiges Leben. Das ist mein Herz!

Das hier zwei Gruppen gesehen werden, die des Paulus und die des Philemon, deutet auf die zwei Söhne hin, die dem Joseph in Ägypten geboren wurden, Manasse und Ephraim. Manasse steht für die Juden und Ephraim für die Nationen. Nun wird Ephraim prophetisch oft auch mit dem Galiläa der Nationen beschrieben, das Land Naphtali und das Land Sebulon. Des weiteren wird das Land Gilead auf die Nationen und die Juden gedeutet und als ein Volk gesehen, denn hier lebten nach der Wegführung der zehn Stämme des Nordreiches ein Mischvolk aus vielen Völkern und den Zurückgeblieben der 10 Stämme. Das Volk Israel wird auf sehr geheimnisvolle Weise im Buch der Richter erklärt und dort mit den Worten “Die Kinder Israels” immer wieder angedeutet. Wir finden im Buch der Richter noch so manche wundersamen Geheimnisse, die zwar im Neuen Testament geoffenbart sind, aber es von vielen für undenkbar gehalten wird, dass bereits im Alten Testament die Dinge ihre Schatten vorauswerfen. Welch einen klugen und weisen Gott haben wir doch, der alle Register zieht, um sich ein Volk zu sammeln, dass auf ewig mit ihm in Gemeinschaft leben soll. Das ist mein Herz.

Deshalb kann und will und muss ich sagen: Der Herr, das ist mein Herz. Der Bruder oder die Schwester: Das ist mein Herz. Dem Juden: Das ist mein Herz.

Und meinem Herrn : Du bist mein Herz.

© H.R.Rohrer 15. 05. 2014




Aus dem Brief des Paulus an Philemon, dem Geliebten, entnehmen wir die Passage: Das ist mein Herz. Es handelt sich bei diesem Text um einen Klammertext, wie er in der Elberfelder, Ausgabe bis 1905, dargestellt wird. Nehmen wir den Text heraus, dann fehlt dem Text das Herz. Belassen wir den Text, dann finden wir das Zentrum unseres Glaubens, finden wir uns und ihn. Oder anders ausgedrückt: Braut und Bräutigam sind ein Herz und eine Seele.


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